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Page-Update: 24 Nov. 2003

Dolby-Pro-Logic

Was vielen deutschen Filmfans als jüngste Errungenschaft der Unterhaltungs elektronik erscheint entstand in Wahrheit zu der Zeit als Hosen unten Ray Dolbyglockenförmig und Hemden eng wie eine Wurstpelle zu sein hatten. In den späten 70er Jahren leitete der Nordamerikaner Ray Dolby, Erfinder allen Raumklangs, aus seinem Kino-Geniestreich Dolby Stereo die Wohnzimmervariante Dolby Surround ab.

Technisch allerdings hat sich seit dem Start der Illusionsakustik wenig geändert. Beide Systeme, daß für Zelluloidproduktionen und das für heimische Rundsitzgruppen, gehören zur Sparte der Vierkanaltonverfahren, deren Informationen in nur zwei Tonspuren verschlüsselt (codiert) sind.

Kernstück der Codierungskette ist der sogenannte Matrix-Encoder. Er vollbringt das Kunststück, vier Informationssignale dort unterzubringen, wo bislang nur zwei hinaufpaßten - auf die Tonspuren des Films oder auf die der Videokassette. Sein Trick: Er fügt dem linken und dem rechten Tonkanal einfach die Centersignale zu gleichen Teilen hinzu, senkt sie aber im Pegel um drei Dezibel ab. In diese beiden Tonspuren verpackt der Encoder auch die Surroundsignale, bearbeitet sie zuvor aber doppelt: Den Pegel der Effektsignale dämpft der Encoder gleichfalls um 3 dB, dreht aber zusätzlich ihre Phase um plus/minus 90 Grad. Durch diese 4 - in - 2 - Verschachtelung ist Dolby-Sound voll Stereo-kompatibel.

Das geordnete Durcheinander auf den Tonspuren gilt es zur raumfüllenden Wiedergabe wieder auseinanderzudröseln. Das übernimmt der Surrounddecoder. Er entschlüsselt die codierten Signale und spielt sie den einzelnen Boxen des Surroundsystems zu. Was dabei im einzelnen passiert, zeigt die Grafik unten. Wenn die Toningenieure während der Codierung sorgfältig gearbeitet haben, kommt nach der Decodierung selbst dann ein wenig Raumgefühl auf, wenn im Wohnzimmer noch keine Surroundanlage steht. Denn die Centersignale kommen aus der akustischen Mitte zwischen den TV-Lautsprechern. Durch diese sogenannte Phantom-Ortung verbessert sich die Sprachverständlichkeit ein wenig. Die Effektsignale schließlich verteilen sich durch die phasengedrehte Aufzeichnung diffus im Raum.

Mit seinem Mehrkanalsystem löste Dolby denn auch ein grundsätzliches Problem der Kinobeschallung - wovon Surroundfans im Wohnzimmer heute ebenfalls profitieren: Gäbe man den Filmton nur über zwei Lautsprecher wieder - so wie Musik mit der HiFi - Anlage - gäbe es im großen Kino nur wenige Sitzplätze mit optimaler Klangqualität - in der Mitte zwischen den Boxen. Alle anderen Zuschauer hörten entweder den linken oder rechten Lautsprecher deutlicher - je nachdem, welchem sie näher sitzen. Die Lösung: Dolby plazierte zwischen die Stereoboxen hinter der Leinwand eine dritte, den Mitten - oder Centerlautsprecher. Er überträgt alle direkt zum Bild gehörenden Tonsignale. Sie kommen vom eigens dafür abgemischten Centerkanal. Im Wohnzimmer spielt die Centerbox folglich auf oder unter dem TV-Gerät. Damit kommen auch Zuschauer auf den Außenplätzen - daheim wie im Kino - zu optimalen Hörgenuß. Bild und Ton passen zusammen. Der Trip in neue akustische Welten kommt aber erst dann richtig in Fahrt, wenn alle Toninformationen ihren eigenen Weg gehen dürfen. Im Lichtspieltheater stehen dazu mehrere Effektboxen U-förmig hinter den Kinobesuchern. Sie kreisen die Zuschauer akustisch ein und übertragen das, was Filme im Dolby-Kino so spannend macht: die spektakulären Umgebungs - (englisch: "Surround"-)effekte.

In der guten Stube des Videofans darf der Lautsprecherpark von bescheidenerem Zuschnitt sein. Schon zwei Surroundboxen reichen, um im Verein mit den drei Lautsprechern vorne - scheinbar - die vier Wände wegzupusten.

Der ProLogic Decoder:
ProLogic-Decoder

Sollen ProLogic-Decoder fehlerfrei arbeiten, müssen die Pegel der Stereokanäle links/rechts exakt übereinstimmen. Tun sie das nicht, gleicht die Eingangsbalance (1) etwaige Unterschiede automatisch aus. Damit alle Boxen für deutliche Effekte gleich laut spielen, liefert der Testsignalgenerator (2) ein Rauschsignal für den Pegelabgleich. Die Pegelanzeige (3) illustriert, wie laut die Boxen spielen.

Die Surroundsignale hat der Encoder während der Aufnahme zu gleichen Teilen in den Tonspuren L und R verschlüsselt. Der Decoder erkennt sie als solche, da sie in der Phase um plus/minus 90 Grad verschoben sind. In der adaptiven Matrix (4) trennt er sie aus L und R heraus. Das Anti-Alias-Filter (5) soll Verzerrungen vorbeugen, die durch die digitale Zeitverzögerung in der Delay-Schaltung (6) entstehen können. Die Effektboxen erhalten ihre Signale etwa 20 Millisekunden später als die anderen Lautsprecher. So entsteht der große Raumeindruck. Da die Effektboxen nur Frequenzen von 100 Hz bis 7 kHz übertragen sollen, filtert der Tiefpaß (7) Signalanteile oberhalb 7 kHz aus dem Surroundkanal heraus. Der modifizierte Dolby-B-Decoder (8) reduziert dabei Rauschen und Übersprechen von vorn nach hinten.

Die Informationen für den Centerkanal liegen zu gleichen Teilen, also als Monosignal, in den Kanälen L und R. Die adaptive Matrix filtert diese Signalanteile dort heraus, damit sie nur aus der Centerbox kommen. Dazu muß die Matrix das Centersignal jeweils gegenphasig (spiegelbildlich) zu L und R addieren - die Centeranteile fallen weg. Denn: Treffen Signale mit gleichem Inhalt, aber um 180 Grad gedrehter Phase aufeinander, löschen sie sich gegenseitig aus. Die Center-Mode-Kontrolle (9) weist dem Centerkanal je nach eingestellter Betriebsart (Normal, Wide, Phantom) seine Signalanteile im passenden Frequenzumfang zu. Der Lautstärke-Summenregler (10) stellt die Gesamtlautstärke aller Kanäle ein.

Falls obige Erklärungen ( die in der Box ) zur Funktionsweise eines Dolby ProLogic De/Encoders zu kompliziert war, nochmal eine leicht vereinfachte Version um die Hintergründe und das Prinzip besser zu verstehen:

Dolby Surround transportiert vier Tonkanäle - links, Mitte, rechts, Surround - auf nur zwei Tonspuren. Die arbeitsweise des ProLogic-Decoders - nur er reproduziert die vier Kanäle mit derselben aufwendigen Technik wie die Decoder im Lichtspielhaus - läßt sich einfach verstehen, wenn man weiß, wie der Encoder im Studio bei der Filmtonmischung die Signale zusammenpackt.

Ziemlich simpel ist es bei der linken und rechten Tonspur: Ihre Klänge wandern, absolut unverändert, auf die linke und rechte Film-(oder Video-)Tonspur. Sie sind im folgenden mit Lt oder Rt bezeichnet - das ,,t" steht für total, also die Summe der Signale. Spielt man eine Videokassette mit Dolby-Surround Ton nur über eine Stereoanlage ab, bleiben die L/R-Informationen erhalten: Links ertönt aus der linken Rox, Rechts aus der rechten. Das Signal für den Mittenkanal wird zu gleichen Teilen auf Lt und Rt gepackt, im Prinzip ebenfalls unverändert, aber in der Lautstärke um drei Dezibel (dB) reduziert.

Das hat schon seine Richtigkeit: Hört man den Centeranteil der Lt/Rt-Mischung über eine Stereoanlage an, fällt das Centersignal - wie gewünscht - in die akustische Mitte zwischen beiden Boxen. Es muß drei dB leiser auf Lt und Rt gespeichert werden, denn die Lautstärke beider Kanäle addiert sich ja bei der Wiedergabe. Ohne die drei dB Absenkung bei der Encodierung würde der Center den linken und rechten Kanal übertönen.

Aus demselben Grund wird auch der Surroundkanal um drei dB leiser auf Lt und Das Prinzip eines Dolby-ProLogic Encoder/DecodersRt aufgezeichnet. Mit einem zusätzlichen Trick stellt der Dolby-Encoder sicher, daß sich die Surroundanteile in Lt und Rt von den Frontkanälen - also links, Mitte und rechts -unterscheiden lassen: Die Signalzüge sind gegeneinander um plus/minus 90 Grad versetzt (siehe Bild rechts), also in der Phase verschoben.

Phasengedrehte Signale lassen sich besonders einfach erkennen und ausfiltern, was der Decoder bei der Wiedergabe auch ausnützt. Genauso wichtig ist aber, was der Phasendreher für die Wiedergabe in Stereo bedeutet: Wie natürliche Raumanteile in einer Stereoaufnahme verteilen sich auch die Surroundanteile einer Dolby-Surround-Mischung diffus und sind nicht zu orten. Der ProLogic -Decoder muß diese Melange trennen. Besonders das Verhältnis von Centersignal zu linkem und rechtem ist knifflig: Ohne Tricks würde sich linker oder rechter Kanal vom Center nur um die drei dB unterscheiden. Für eine klare Ortung braucht man aber eine ,,Übersprechdämpfung", so der Fachbegriff, von mindestens 30 dB.

Im Decoder ist dies der Job der ,,adaptiven Matrix", des Herzstücks. Sie erkennt die vorherrschende Richtung im Lt/Rt-Signalgemisch und steuert die Lautstärke aller Kanäle entsprechend. Die gerade unbeschäftigten Kanäle werden nicht einfach heruntergeregelt - störende Pumpgeräusche wären die Folge. Statt dessen wird beispielsweise ein invertiertes Abbild des Center in rechten und linken Kanal geschickt, wenn nur der Center spielen soll. Dadurch löschen sie Übersprecher aus - ohne Lautstärkeschwankungen. Entwickler Dolby nennt dies das ,,Prinzip der konstanten Gesamtlautstärke".       

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